Zwei Tage nach dem Zusammenbruch an meinem Geburtstag, ging ich zu meinem Hausarzt. Ich sagte, dass ich immer wieder Schwindelgefühle habe. Nach ein paar Tests saß ich dann im Sprechzimmer. Meine Hausärztin betrachtete mich kurz und fing an ein paar Fragen zu stellen. Es waren ganz einfache normale Fragen, wie: schlafen Sie durch? Essen Sie genug? Haben Sie Stress? Sie sah mich mitfühlend an, wie es meine Mutter auch manchmal macht. Was war nur los?
Die Wahrheit
Mir schnellten die Tränen in die Augen und ich begann zu erzählen. Zwischendurch brach mir die Stimme. Sie drückt mir eine Krankschreibung in die Hand und bat mich in zwei Wochen nochmal zu kommen. Zuhause meldete ich mich krank und schrieb an meine Freunde und meiner Familie die selbe Nachricht: „Es tut mir Leid, mir geht es nicht gut. Ich brauche eine Pause. Bitte respektiere das und sorge dich nicht. Ich melde mich bei dir, wenn ich soweit bin.“ Ich hatte versagt. Ich bin eingebrochen. Davor hatte ich immer die meiste Angst.
Erholung
Danach kroch ich zurück ins Bett und schlief. Ich schlief und weinte vier Tage lang. Als ich wieder etwas Energie gesammelt hatte, stand ich auf und duschte. Ich setzte mich auf den Balkon und ging die Nachrichten durch. Ich beantwortete nur ein paar davon. Zu mehr reichte die Kraft nicht. Nach den zwei Wochen war ich wieder bei meiner Ärztin. Sie war froh mich zu sehen. Sie schrieb mich weiter krank und fragte vorsichtig, ob ich denn in den letzten Tagen überlegt hätte, mir Hilfe zu holen. Soweit war ich noch nicht. Ich war noch zu erschöpft, zu leer, zu müde, um mir Gedanken zu machen. Ab und zu dachte ich an die Arbeit, an meinen Kollegen, der jetzt alles alleine stemmen muss… Dann weinte ich wieder. Ich fühlte mich nutzlos, schwach und überflüssig. Ich hatte versagt.
Die Rückkehr
Auch die nächsten zwei Wochen vergingen sehr schnell. Ich begann Freunde und Familie anzurufen, die Situation zu erklären, mein Versagen und meine Schwäche zuzugeben. Und ich traf auf… Verständnis! Die meisten haben es kommen sehen, keiner war verwundert. Außer mir. Ich war immun gegen Hilfe und erst jetzt bereit diese anzunehmen. Auch jetzt beim Schreiben kommen mir wieder Tränen. Tränen der Dankbarkeit für diese wunderbaren Menschen, die mich so sehr lieben und unterstützen. Ich hörte ganz oft den Satz: „Bitte lass mich jetzt dir etwas zurückgeben und für dich da sein.“
Insgesamt war ich sechs Wochen krank geschrieben. In den sechs Wochen hat sich viel verändert. Meine Schutzmauern sind nur noch Ruinen. Ich habe gemerkt, dass „Versagen“ alles andere als schlimm ist, dass ich nicht perfekt sein muss und dass ich Fehler machen darf. Dass ich Hilfe annehmen darf, dass ich nicht alleine bin und dass ich stärker bin, als ich dachte. Ich freute mich darauf wieder auf die Arbeit zu können, hatte aber gleichzeitig Angst davor. Angst zu den Kunden-Vampiren zurückzukommen, die meine Energie aussaugen. Angst davor, was die Kollegen denken. Angst vor den Fragen und Reaktionen. Angst vor dem überfüllten E-Mail-Postfach,…. Angst vor dem Hamsterrad.
Wie bin ich hier nur gelandet?
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